„Es ist nicht die Macht der Umstände, die unser Leben bestimmt, sondern unsere Entscheidung, wie wir darauf reagieren.“
Epiktet
Die Grundsätze der Urburschenschaft von 1815 – Ehre, Freiheit, Vaterland – sind keine leeren Schlagworte. Bei der Burschenschaft Gothia zu Düsseldorf stehen diese Werte im Zentrum unseres Selbstverständnisses und prägen unser Handeln im Alltag, sowohl innerhalb der Verbindung als auch im Umgang mit der Außenwelt. Doch diese Ideale zu leben, ist keine leichte Aufgabe. Sie fordern uns heraus, eine Balance zwischen Fortschritt und Tradition zu finden und gleichzeitig bürgerlichen Ideen Raum zu geben, ohne in überholte Muster zu verfallen.
Ehre: Ein Prinzip, das Verantwortung fordert
Ehre klingt in der modernen Welt oft antiquiert, als würde man sich auf reaktionäre Positionen berufen. Doch bei Gothia ist Ehre ein lebendiges Prinzip, das sich in der Verantwortung widerspiegelt, die jeder von uns gegenüber der Gemeinschaft und sich selbst trägt. Ehre bedeutet, zu seinen Überzeugungen zu stehen, seine Entscheidungen bewusst zu treffen und die Konsequenzen seines Handelns zu tragen.
Im Alltag der Universität ist dies keine einfache Aufgabe. Es erfordert Mut, sich zu behaupten und in einer Umgebung, die zunehmend von Individualismus geprägt ist, den Wert der Gemeinschaft hochzuhalten. Wenn wir uns in Diskussionen und Debatten einbringen, geschieht dies immer mit einem Bewusstsein für die Verantwortung, die wir als Mitglieder einer Burschenschaft tragen. Wir verteidigen nicht bloß Traditionen um ihrer selbst willen, sondern wir engagieren uns für Werte, die wir als zukunftsfähig und notwendig erachten.
Im Verbindungsalltag zeigt sich das Prinzip der Ehre besonders stark. Ob in der Organisation von Veranstaltungen, in der Führung von Ämtern oder in der Zusammenarbeit mit anderen Bünden – jedes Mitglied ist aufgefordert, Verantwortung zu übernehmen und sein Wort zu halten. Hier wird schnell klar, dass Ehre nicht in der Vergangenheit verhaftet ist, sondern in den alltäglichen Entscheidungen sichtbar wird.
Freiheit: Zwischen Individualität und Gemeinschaft
Das Prinzip der Freiheit mag zunächst wie ein Widerspruch erscheinen, gerade in einer Gemeinschaft wie der Burschenschaft, die klare Strukturen und Traditionen kennt. Doch bei Gothia verstehen wir Freiheit als das Recht und die Verantwortung jedes Einzelnen, seinen eigenen Weg zu gehen – innerhalb und außerhalb der Verbindung.
An der Universität spiegelt sich dieses Prinzip darin wider, dass wir unsere Meinungen frei äußern, in Debatten mitgestalten und uns dennoch der Gemeinschaft verpflichtet fühlen. Freiheit bedeutet nicht, alles tun zu können, was man will, sondern die Fähigkeit, selbstbestimmt zu handeln und gleichzeitig die Interessen der Gemeinschaft zu wahren.
Auch im Umgang mit anderen Verbindungen steht die Freiheit im Vordergrund. Wir pflegen Verbindungen zu anderen Burschenschaften, doch wir lassen uns nicht in überholte ideologische Muster drängen. Unser freiheitsliebender und bürgerlicher Ansatz steht für Offenheit, Dialog und die Fähigkeit, neue Ideen aufzunehmen, ohne uns dabei von traditionellen Werten zu entfernen. Diese Balance zwischen Tradition und Fortschritt ist herausfordernd, aber essenziell.
Vaterland: Verantwortung in einer modernen Welt
Das Prinzip „Vaterland“ ist vermutlich das am schwierigsten zu definierende in der heutigen Zeit. Wir bei Gothia leben dieses Ideal nicht als Rückbesinnung auf nationale Stereotypen, sondern als ein Bekenntnis zu gesellschaftlicher Verantwortung. Vaterland bedeutet für uns nicht, starr an nationalen Ideen festzuhalten, sondern die Gemeinschaft, in der wir leben, aktiv mitzugestalten.
Im Berufsleben und in der Familie zeigt sich das Prinzip „Vaterland“ in der Verantwortung, die wir für unsere Gesellschaft übernehmen. Wir streben danach, uns einzubringen, Gutes zu tun und positive Veränderungen zu bewirken. Das kann im Kleinen beginnen – durch Engagement im Berufsalltag oder durch ethisch verantwortliches Handeln – und sich im Großen fortsetzen, indem wir als Mitglieder der Burschenschaft die Werte vertreten, die für uns als Gesellschaft wichtig sind.
Herausforderungen im Alltag: Zwischen Prinzipien und Praxis
Diese drei Prinzipien – Ehre, Freiheit, Vaterland – klingen einfach, doch im Alltag stoßen wir immer wieder auf Herausforderungen. An der Universität ist es nicht leicht, für Überzeugungen einzutreten, die von der Mehrheit als veraltet oder konservativ betrachtet werden. Es erfordert Mut, seine eigenen Werte zu verteidigen, insbesondere wenn diese als „unzeitgemäß“ abgetan werden. Doch es ist genau diese Standhaftigkeit, die Ehre bedeutet.
Im Verbindungsleben steht das Prinzip der Freiheit immer wieder zur Debatte. Wie viel Eigenständigkeit kann ein Mitglied haben, ohne die Gemeinschaft zu gefährden? Diese Frage begegnet uns in jeder Entscheidung, sei es in der Leitung des Bundes oder im Umgang mit anderen Verbindungen. Die Balance zwischen Freiheit und Gemeinschaft ist stets ein Drahtseilakt.
Im normalen Leben – im Beruf, in der Familie, in der Öffentlichkeit – stehen wir immer wieder vor der Herausforderung, was „Vaterland“ heute bedeutet. Verantwortung zu übernehmen für das Gemeinwohl, ohne sich in überholten Vorstellungen zu verlieren, ist eine ethisch-moralische Herausforderung. Doch genau darin liegt die Essenz dieses Prinzips: Es geht um die aktive Gestaltung der Welt, in der wir leben, und um die Verpflichtung, dieser Welt etwas Gutes zurückzugeben.
Gothia: Gelebte Werte statt leere Phrasen
Bei der Burschenschaft Gothia ist der Dreiklang von Ehre, Freiheit und Vaterland kein Lippenbekenntnis. Wir leben diese Werte in unserem täglichen Handeln – in der Universität, im Verbindungsleben und im Alltag. Dabei suchen wir ständig nach der Balance zwischen Tradition und Fortschritt. Wir sind offen für neue Ideen, aber wir wissen auch, wo unsere Wurzeln liegen. Wir sind liberal-konservativ, ja bürgerlich, weil wir glauben, dass Veränderung notwendig ist, aber wir bewahren unsere Werte, weil wir wissen, dass sie uns Orientierung geben.
Die Burschenschaft Gothia steht für ein Leben in Verantwortung – für sich selbst, für die Gemeinschaft und für die Gesellschaft. Diese Ideale zu leben, ist nicht immer einfach, aber es ist eine Herausforderung, der wir uns jeden Tag stellen.